Stressbewältigung durch Atemtechniken

Stressbewältigung durch Atemtechniken

Entdecken Sie, wie bewusste Atemtechniken Ihren Stress reduzieren, die innere Ruhe fördern und Ihr Wohlbefinden nachhaltig verbessern können. Fundierte Anleitungen und Expertentipps.

Stressbewältigung durch Atemtechniken

Hast du schon einmal bemerkt, wie oft wir im stressigen Alltag einfach vergessen, richtig zu atmen? Es klingt seltsam, aber ich erinnere mich an eine Zeit, als ich mitten in einer hektischen Deadline steckte – ich saß am Schreibtisch, die Finger flogen über die Tastatur, und plötzlich fiel mir auf, dass ich kaum Luft bekam. Mein Atem war flach, schnell und saß hoch in der Brust. Das war der Moment, in dem ich beschloss, etwas zu ändern und mich intensiver mit der Kraft des Atems zu beschäftigen.

Atemtechniken könnten der Schlüssel zur Stressbewältigung sein, und ich wollte herausfinden, ob das wirklich funktioniert. Und ja, aus meiner Erfahrung kann ich bestätigen: Sie funktionieren, und das oft erstaunlich schnell und effektiv. In diesem Artikel teile ich mein Wissen und meine praktischen Erfahrungen mit dir, damit du diese einfachen, aber mächtigen Werkzeuge selbst nutzen kannst.

Warum Atemtechniken? Die Dringlichkeit der Stressbewältigung

Stress ist eine der häufigsten Beschwerden unserer Zeit und hat sich zu einer echten Volkskrankheit entwickelt. Laut der AOK-Stressstudie 2022 fühlen sich mehr als ein Viertel der Deutschen (26 %) häufig oder sehr häufig gestresst, und über die Hälfte (55 %) empfindet zumindest manchmal Stress. Diese Zahlen sind alarmierend und zeigen, dass Stress nicht nur ein individuelles Problem ist, sondern weitreichende gesellschaftliche Folgen hat.

Chronischer Stress führt nicht nur zu emotionalen Problemen wie Reizbarkeit, Angst und Depressionen, sondern kann auch ernsthafte gesundheitliche Folgen haben. Dazu gehören Schlafstörungen, Verdauungsprobleme, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, ein geschwächtes Immunsystem und sogar kognitive Beeinträchtigungen. Die Suche nach effektiven und zugänglichen Methoden zur Stressbewältigung ist daher wichtiger denn je.

Hier kommen Atemtechniken ins Spiel. Sie sind nicht nur einfach zu erlernen, sondern auch jederzeit und überall anwendbar. Und das Beste? Sie benötigen keine besonderen Werkzeuge oder viel Zeit. Eine bewusste Atemübung von nur wenigen Minuten kann bereits eine spürbare Veränderung bewirken. Sie bieten einen direkten Zugang zu unserem autonomen Nervensystem und damit die Möglichkeit, unsere physiologische Stressreaktion aktiv zu beeinflussen.

Die Wissenschaft hinter der Atmung ist faszinierend. Wenn wir gestresst sind, neigen wir dazu, flach und schnell zu atmen – oft unbewusst und nur mit dem oberen Brustkorb. Diese Art der Atmung sendet Signale an unseren Körper, dass wir in Gefahr sind, was die Ausschüttung von Stresshormonen wie Cortisol und Adrenalin fördert und den Stress nur verstärkt. Durch bewusste, tiefe und langsame Atemtechniken kann man jedoch das Gegenteil bewirken und dem Körper signalisieren, dass alles in Ordnung ist, wodurch das parasympathische Nervensystem aktiviert wird. Das klingt fast zu gut, um wahr zu sein, oder?

Inhaltsverzeichnis

Die Wissenschaft hinter der bewussten Atmung: Wie Atemtechniken unseren Körper beeinflussen

Um die Wirksamkeit von Atemtechniken wirklich zu verstehen, müssen wir einen Blick auf unser autonomes Nervensystem werfen. Dieses System steuert lebenswichtige Funktionen wie Herzschlag, Verdauung und eben auch die Atmung, ohne dass wir bewusst darüber nachdenken müssen.

Das autonome Nervensystem: Sympathikus vs. Parasympathikus

Das autonome Nervensystem besteht aus zwei Hauptzweigen, die wie Gas- und Bremspedal unseres Körpers funktionieren:

  • Der Sympathikus (Gaspedal): Er wird aktiviert, wenn wir Stress, Gefahr oder Anstrengung erleben. Er bereitet den Körper auf „Kampf oder Flucht“ vor: Der Herzschlag beschleunigt sich, der Blutdruck steigt, die Atmung wird schneller und flacher, und Stresshormone wie Adrenalin und Cortisol werden ausgeschüttet.
  • Der Parasympathikus (Bremspedal): Er ist für „Ruhe und Verdauung“ zuständig. Er verlangsamt den Herzschlag, senkt den Blutdruck, fördert eine tiefe, langsame Atmung und unterstützt die Verdauung. Er ist entscheidend für Entspannung, Regeneration und Erholung.

Im modernen Alltag sind viele Menschen in einem Zustand chronischer Sympathikus-Aktivierung gefangen. Durch bewusste, langsame und tiefe Atemtechniken können wir jedoch gezielt den Parasympathikus aktivieren und so die Stressreaktion unseres Körpers dämpfen.

Die Rolle des Vagusnervs

Ein Schlüsselakteur bei der Aktivierung des Parasympathikus ist der Vagusnerv, der längste Hirnnerv. Er erstreckt sich vom Hirnstamm durch Hals, Brust und Bauchraum und innerviert fast alle inneren Organe. Der Vagusnerv ist maßgeblich an der Regulation von Herzfrequenz, Verdauung, Immunreaktion und Stimmung beteiligt. Eine langsame, tiefe Atmung stimuliert den Vagusnerv, was wiederum die parasympathische Aktivität erhöht und zu einem Gefühl der Ruhe und Entspannung führt.

Hormonelle Reaktionen (Cortisol, Adrenalin)

Wenn der Sympathikus aktiv ist, werden vermehrt Stresshormone wie Cortisol und Adrenalin ausgeschüttet. Diese Hormone sind nützlich in akuten Gefahrensituationen, da sie uns schnell handlungsfähig machen. Bei chronischem Stress bleiben sie jedoch dauerhaft erhöht, was zu den bereits genannten gesundheitlichen Problemen führen kann. Studien zeigen, dass regelmäßige Atemübungen dazu beitragen können, den Spiegel dieser Stresshormone im Körper zu senken, was eine signifikante Entlastung für das gesamte System darstellt.

Herzratenvariabilität (HRV) und ihre Bedeutung

Die Herzratenvariabilität (HRV) ist ein Maß für die zeitliche Schwankung zwischen aufeinanderfolgenden Herzschlägen. Eine hohe HRV gilt als Indikator für ein gesundes, flexibles Nervensystem und eine gute Anpassungsfähigkeit an Stress. Bei chronischem Stress ist die HRV oft reduziert. Durch Atemtechniken, insbesondere die Kohärenzatmung, kann die HRV gezielt verbessert werden. Eine erhöhte HRV ist nicht nur ein Zeichen für weniger Stress, sondern auch mit einer besseren emotionalen Regulation und einer höheren Resilienz verbunden.

Vom „Kampf oder Flucht“ zum „Ruhe und Verdauung“

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass bewusste Atemtechniken uns einen direkten Weg bieten, unsere physiologische Reaktion auf Stress zu verändern. Wir können unseren Körper aktiv aus dem „Kampf oder Flucht“-Modus herausholen und in den „Ruhe und Verdauung“-Modus überführen. Dies ist eine Fähigkeit, die jeder erlernen und nutzen kann, um sein Wohlbefinden signifikant zu steigern.

Die Grundlagen der Atemtechniken: Was Sie wissen müssen

Bevor wir uns den spezifischen Techniken widmen, ist es wichtig, einige grundlegende Prinzipien zu verstehen. Diese bilden das Fundament für eine effektive und sichere Praxis.

Die Bedeutung der Zwerchfellatmung (Bauchatmung)

Der wichtigste Muskel für eine entspannte und gesunde Atmung ist das Zwerchfell. Bei Stress atmen viele Menschen flach in die Brust, wodurch das Zwerchfell kaum genutzt wird. Die Brustatmung ist anstrengender und signalisiert dem Körper Alarmbereitschaft. Die Zwerchfellatmung hingegen ist tiefer, füllt die Lungen besser und stimuliert den Vagusnerv. Sie ist die Basis für fast alle effektiven Atemtechniken und sollte zuerst gemeistert werden.

Wann und wo man üben sollte

Der große Vorteil von Atemtechniken ist ihre Flexibilität. Sie können praktisch jederzeit und überall angewendet werden. Für den Anfang empfehle ich jedoch, einen ruhigen Ort zu wählen, an dem du ungestört bist. Feste Zeiten – zum Beispiel morgens nach dem Aufwachen oder abends vor dem Schlafengehen – können helfen, eine Routine zu etablieren. Aber auch in akuten Stresssituationen, wie im Stau, vor einem wichtigen Meeting oder bei Nervosität, sind sie sofort einsetzbar.

Die richtige Körperhaltung

Eine aufrechte, aber entspannte Haltung ist ideal. Ob sitzend, liegend oder stehend – wichtig ist, dass die Wirbelsäule gerade ist und der Brustkorb sowie der Bauch frei beweglich sind. Vermeide es, dich zu verkrampfen. Schultern sollten locker sein und nicht hochgezogen werden. Wenn du sitzt, sorge dafür, dass beide Füße flach auf dem Boden stehen.

Regelmäßigkeit und Geduld

Atemtechniken sind wie ein Muskel, der trainiert werden muss. Die Effekte stellen sich nicht immer sofort ein, aber mit regelmäßiger Praxis werden sie stärker und nachhaltiger. Beginne mit kurzen Einheiten von 5-10 Minuten pro Tag und steigere dich langsam. Sei geduldig mit dir selbst und erwarte nicht, dass du sofort perfekt atmest. Es ist ein Lernprozess, der sich aber definitiv auszahlt.

Die Nase ist der Schlüssel

Grundsätzlich sollte die Atmung durch die Nase erfolgen, sowohl beim Ein- als auch beim Ausatmen. Die Nasenatmung filtert die Luft, erwärmt sie, befeuchtet sie und reguliert den Atemstrom auf natürliche Weise. Sie fördert auch die Produktion von Stickoxid, das die Blutgefäße erweitert und die Sauerstoffaufnahme verbessert. Mundatmung, besonders im Ruhezustand, kann den Körper in einen leichten Stresszustand versetzen.

Praktische Atemtechniken für den Alltag: Schritt-für-Schritt-Anleitungen

Nun kommen wir zum praktischen Teil. Hier stelle ich dir verschiedene effektive Atemtechniken vor, die du sofort ausprobieren kannst. Jede Technik hat ihre spezifischen Vorteile und Anwendungsbereiche.

1. Die Zwerchfellatmung (Bauchatmung): Die Basis

Diese Technik ist das Fundament für eine entspannte und gesunde Atmung und unerlässlich für die Stressbewältigung.

Anleitung:

  1. Lege dich bequem auf den Rücken oder setze dich aufrecht hin.
  2. Lege eine Hand auf deinen Bauch (etwas unterhalb des Nabels) und die andere Hand auf deine Brust.
  3. Atme langsam und tief durch die Nase ein. Spüre, wie sich dein Bauch unter deiner Hand hebt, während deine Brust möglichst ruhig bleibt. Stell dir vor, du füllst einen Ballon in deinem Bauch mit Luft.
  4. Atme langsam und sanft durch die Nase oder leicht geöffnete Lippen aus. Spüre, wie sich dein Bauch senkt und die Luft aus dir entweicht.
  5. Wiederhole dies für 5-10 Minuten. Achte darauf, dass das Ausatmen etwas länger ist als das Einatmen.

Wirkung:

Aktiviert den Parasympathikus, senkt Herzfrequenz und Blutdruck, fördert Entspannung und verbessert die Sauerstoffversorgung des Körpers. Es ist der erste Schritt, um den Körper aus dem Stressmodus zu holen.

Tipps für Anfänger:

Übe diese Technik zunächst im Liegen, da es im Sitzen anfangs schwieriger sein kann, das Zwerchfell bewusst zu aktivieren. Visualisiere, wie dein Bauch mit jedem Einatmen wie ein Ballon aufsteigt und mit jedem Ausatmen wieder absinkt.

2. Die 4-7-8 Atmung (Dr. Weil-Methode): Für schnelle Entspannung und Schlaf

Diese von Dr. Andrew Weil entwickelte Technik ist besonders effektiv, um das Nervensystem schnell zu beruhigen und beim Einschlafen zu helfen.

Anleitung:

  1. Nimm eine bequeme Sitzposition ein und lege die Zungenspitze an den Gaumen, direkt hinter die oberen Schneidezähne. Halte sie dort während der gesamten Übung.
  2. Atme vollständig durch den Mund aus, wobei du ein leises „Whoosh“-Geräusch machst.
  3. Schließe den Mund und atme geräuschlos durch die Nase ein, während du innerlich bis 4 zählst.
  4. Halte den Atem an und zähle innerlich bis 7.
  5. Atme vollständig durch den Mund aus, wobei du wieder ein „Whoosh“-Geräusch machst und innerlich bis 8 zählst.
  6. Das ist ein Atemzyklus. Atme normal ein und wiederhole den Zyklus noch drei weitere Male (insgesamt 4 Atemzüge).

Wirkung:

Wirkt stark beruhigend auf das Nervensystem, indem sie den Parasympathikus aktiviert. Die lange Atemanhaltung und das verlängerte Ausatmen helfen, den Körper schnell zu entspannen und Stress abzubauen. Ideal bei akuter Anspannung oder Schlafproblemen.

Aus meiner Erfahrung…

Ich habe diese Technik unzählige Male angewendet, wenn ich abends nicht abschalten konnte. Oftmals bin ich noch vor dem Ende des vierten Zyklus eingeschlafen. Es ist erstaunlich, wie schnell der Körper darauf reagiert. Für mich ist es eine Go-to-Methode, wenn ich schnell zur Ruhe kommen muss.

3. Die Boxatmung (Square Breathing): Für Fokus und Ruhe in Stresssituationen

Die Boxatmung, auch bekannt als „Square Breathing“ oder „Vier-Quadrat-Atmung“, wird oft von Elitesoldaten und in stressigen Berufen eingesetzt, um in angespannten Situationen ruhig und konzentriert zu bleiben.

Anleitung:

  1. Setze dich aufrecht hin oder stehe bequem.
  2. Atme langsam und vollständig durch die Nase aus, um die Lungen zu leeren.
  3. Atme langsam durch die Nase ein, während du innerlich bis 4 zählst.
  4. Halte den Atem an (Lungen voll) und zähle innerlich bis 4.
  5. Atme langsam durch die Nase oder leicht geöffnete Lippen aus, während du innerlich bis 4 zählst.
  6. Halte den Atem an (Lungen leer) und zähle innerlich bis 4.
  7. Wiederhole diesen Zyklus für 5-10 Minuten.

Wirkung:

Diese Technik gleicht das Nervensystem aus und fördert Klarheit und Konzentration. Die gleichmäßigen Intervalle wirken stabilisierend und helfen, den Geist zu beruhigen, ohne schläfrig zu machen. Perfekt, um in stressigen Momenten einen klaren Kopf zu bewahren.

Anwendungsbeispiele:

Bevor du eine wichtige Präsentation hältst, während einer Prüfung, im Stau, oder wenn du dich überfordert fühlst. Die Boxatmung hilft dir, dich zu zentrieren und die Kontrolle zurückzugewinnen.

4. Die Kohärenzatmung (Kohärente Atmung): Für Herzratenvariabilität und emotionale Balance

Die Kohärenzatmung zielt darauf ab, die Atmung mit dem Herzschlag in Einklang zu bringen, um die Herzratenvariabilität (HRV) zu optimieren. Sie ist eine der wissenschaftlich am besten untersuchten Atemtechniken.

Anleitung:

  1. Setze dich bequem und aufrecht hin.
  2. Atme langsam und sanft durch die Nase ein, zähle dabei innerlich bis 5 oder 6 (je nachdem, was sich natürlich anfühlt).
  3. Atme dann langsam und sanft durch die Nase aus, zähle dabei ebenfalls innerlich bis 5 oder 6.
  4. Versuche, das Ein- und Ausatmen so gleichmäßig und fließend wie möglich zu gestalten, ohne Pausen dazwischen.
  5. Die ideale Frequenz liegt bei etwa 5-6 Atemzügen pro Minute (also 5-6 Sekunden ein, 5-6 Sekunden aus).
  6. Übe diese Technik für 10-20 Minuten täglich.

Wirkung:

Fördert die optimale Synchronisation von Herz- und Atemfrequenz, was die Herzratenvariabilität erhöht und das autonome Nervensystem ins Gleichgewicht bringt. Dies führt zu tiefer Entspannung, verbesserter emotionaler Regulation, mentaler Klarheit und erhöhter Resilienz gegenüber Stress. Langfristig kann sie sogar die körperliche Gesundheit stärken.

Die wissenschaftliche Basis:

Forschungsergebnisse, unter anderem vom HeartMath Institute, haben gezeigt, dass die Kohärenzatmung die Kommunikation zwischen Herz und Gehirn verbessert, was zu einem Zustand der „Herzkohärenz“ führt. Dieser Zustand ist charakterisiert durch ein Gefühl von innerer Ruhe und emotionaler Ausgeglichenheit.

5. Wechselnde Nasenlochatmung (Nadi Shodhana): Für Ausgleich und Konzentration

Diese yogische Atemtechnik, auch „Nadi Shodhana Pranayama“ genannt, harmonisiert die beiden Gehirnhälften und beruhigt den Geist.

Anleitung:

  1. Setze dich bequem und aufrecht hin, mit entspannten Schultern.
  2. Schließe mit dem Daumen deiner rechten Hand das rechte Nasenloch.
  3. Atme langsam und tief durch das linke Nasenloch ein.
  4. Schließe dann mit dem Ringfinger deiner rechten Hand das linke Nasenloch. Öffne das rechte Nasenloch und atme langsam und vollständig durch das rechte Nasenloch aus.
  5. Atme nun durch das rechte Nasenloch wieder ein.
  6. Schließe das rechte Nasenloch mit dem Daumen, öffne das linke Nasenloch und atme langsam durch das linke Nasenloch aus.
  7. Dies ist ein vollständiger Zyklus. Wiederhole ihn für 5-10 Minuten.
  8. Du kannst auch eine kurze Atemanhaltung nach dem Einatmen (z.B. 4-4-8-4-Schema: 4 ein, 4 halten, 8 aus, 4 halten) integrieren, um die Wirkung zu verstärken.

Wirkung:

Wirkt ausgleichend auf das Nervensystem, reduziert Stress und Angst, fördert die Konzentration und schafft innere Ruhe. Es wird angenommen, dass sie die Energiekanäle (Nadis) im Körper reinigt und harmonisiert.

Herkunft und Anwendung:

Nadi Shodhana ist eine alte Praxis aus dem Yoga und wird oft zur Vorbereitung auf Meditation oder zur Beruhigung des Geistes vor dem Schlafengehen eingesetzt. Aus meiner Erfahrung ist sie auch wunderbar geeignet, um nach einem hektischen Tag wieder in die eigene Mitte zu finden.

Typische Fehler und wie man sie vermeidet: Experten-Tipps für eine effektive Praxis

Auch wenn Atemtechniken einfach erscheinen, gibt es einige häufige Fehler, die ihre Wirksamkeit beeinträchtigen können. Hier sind meine Tipps, wie du sie vermeidest:

  • Zu schnelles oder forciertes Atmen: Dies kann zu Hyperventilation, Schwindel oder sogar Panik führen. Der Atem sollte immer sanft, fließend und mühelos sein. Stell dir vor, du atmest durch einen Strohhalm, um den Atemstrom zu verlangsamen.
  • Verkrampfung statt Entspannung: Viele Menschen spannen unbewusst Schultern, Nacken oder Kiefer an. Achte bewusst darauf, diese Bereiche während der Übung zu entspannen. Ein „Körperscan“ vor Beginn der Atmung kann helfen, Spannungen zu identifizieren und loszulassen.
  • Unrealistische Erwartungen: Erwarte nicht, dass eine einzige Übung alle deine Probleme löst. Atemtechniken sind ein Werkzeug im Rahmen einer umfassenderen Stressmanagement-Strategie. Die Wirkung ist kumulativ und erfordert Konsistenz.
  • Inkonsequenz: Wie bei jeder Fähigkeit ist Regelmäßigkeit der Schlüssel. Lieber täglich 5 Minuten als einmal pro Woche 30 Minuten. Baue die Übungen fest in deinen Tagesablauf ein, wie das Zähneputzen.
  • Ablenkung: Versuche, dich während der Übung voll auf deinen Atem zu konzentrieren. Wenn Gedanken auftauchen, nimm sie wahr, ohne sie zu bewerten, und kehre dann sanft zu deinem Atem zurück. Eine ruhige Umgebung ist anfangs hilfreich.
  • Mundatmung: Viele Menschen atmen unbewusst durch den Mund, besonders wenn sie gestresst sind. Versuche, so oft wie möglich durch die Nase zu atmen, auch im Alltag. Die Nasenatmung ist physiologisch überlegen.
  • Vernachlässigung der Ausatmung: Das Ausatmen ist genauso wichtig wie das Einatmen, oft sogar wichtiger, da es die Entspannung fördert. Achte darauf, vollständig auszuatmen, um verbrauchte Luft zu entfernen und Platz für frische Luft zu schaffen.

Atemtechniken in den Alltag integrieren: Mehr als nur Übungen

Die größte Wirksamkeit entfalten Atemtechniken, wenn sie nicht nur als isolierte Übungen, sondern als Teil deines täglichen Lebens verstanden und angewendet werden. Hier sind einige praktische Ideen:

  • Kurze Atempausen im Büro: Statt zur Kaffeemaschine zu laufen, gönne dir eine 2-minütige Boxatmung. Das kann helfen, einen mentalen Neustart durchzuführen und die Konzentration zu steigern.
  • Vor wichtigen Terminen: Fünf Minuten vor einem Meeting, einer Präsentation oder einem schwierigen Gespräch kannst du die 4-7-8 Atmung oder die Kohärenzatmung nutzen, um deine Nerven zu beruhigen und dich zu zentrieren.
  • Während des Pendelns: Nutze die Zeit im Stau oder in öffentlichen Verkehrsmitteln für eine bewusste Zwerchfellatmung. Das verwandelt eine potenziell stressige Zeit in eine Achtsamkeitsübung.
  • Als Einschlafhilfe: Wenn Gedanken kreisen und du nicht zur Ruhe kommst, ist die 4-7-8 Atmung mein persönlicher Favorit. Lege dich bequem hin und konzentriere dich auf die Zählzeiten.
  • Als Achtsamkeitsübung: Integriere bewusstes Atmen in alltägliche Aktivitäten. Atme tief ein, bevor du eine Tür öffnest, bevor du einen Schluck Wasser trinkst oder bevor du eine E-Mail sendest. Diese kleinen Pausen schaffen Ankerpunkte im Hier und Jetzt.
  • Beim Sport: Eine bewusste Bauchatmung kann die Ausdauer verbessern und die Erholung nach dem Training beschleunigen.
  • Als Reaktion auf Stressoren: Sobald du merkst, dass Stress aufkommt (z.B. Herzklopfen, Anspannung), nimm dir bewusst ein paar tiefe Atemzüge. Das kann die Stressspirale oft schon im Ansatz stoppen.

Aus meiner Erfahrung ist der Schlüssel die „Mikro-Praxis“. Es müssen keine langen Meditationssitzungen sein. Schon 3-5 bewusste Atemzüge, die mehrmals am Tag eingestreut werden, können einen großen Unterschied machen und dir helfen, präsenter und gelassener zu werden.

Wann Atemtechniken nicht ausreichen: Grenzen und professionelle Hilfe

Atemtechniken sind ein unglaublich mächtiges Werkzeug zur Stressbewältigung und Förderung des Wohlbefindens. Es ist jedoch wichtig zu erkennen, dass sie keine Allheilmittel sind und in bestimmten Situationen an ihre Grenzen stoßen können.

Chronischer Stress und Burnout

Wenn Stress chronisch wird und zu Symptomen wie anhaltender Erschöpfung, Antriebslosigkeit, Schlafstörungen oder dem Gefühl der Überforderung führt, kann dies auf ein Burnout hindeuten. In solchen Fällen sind Atemtechniken zwar unterstützend, aber oft nicht ausreichend, um die zugrunde liegenden Ursachen zu beheben.

Angststörungen und Panikattacken

Bei diagnostizierten Angststörungen oder wiederkehrenden Panikattacken können Atemtechniken helfen, akute Symptome zu lindern. Sie ersetzen jedoch keine professionelle therapeutische Behandlung. Eine kognitive Verhaltenstherapie, Schematherapie oder andere psychotherapeutische Ansätze sind oft notwendig, um die Muster zu durchbrechen und langfristige Besserung zu erzielen. In der Akutsituation einer Panikattack